Nymphenburg

Zeitreise in die Welt der Mode

Was verbirgt sich hinter den Türen der „Von Parish Kostümbibliothek“?

Versteckt in einer prachtvollen Jugendstilvilla in der Nähe des Nymphenburger Schlosses verbirgt sich eine der außergewöhnlichsten Modebildsammlungen weltweit, die „Von Parish Kostümbibliothek“.

Ernannt nach ihrer Begründerin, Hermine von Parish (1907 – 1998), birgt diese Sammlung, die seit 1970 dem Münchner Stadtmuseum angegliedert ist, Bücher, Zeitschriften und Abbildungen zur Kostümgeschichte aller Epochen und Länder. Dem Besucher eröffnet sich nicht nur ein Blick in die spannende Welt der Bekleidung und Mode, sondern auch in eine ungewöhnliche Familiengeschichte.

Bereits Hermines Urgroßvater Rudolph Marggraff, der Kunstberater von Ludwig I. war, sammelte handkolorierte Kupferstiche mit Modedarstellungen. Dieses Erbe erweckte Hermine von Parishs Interesse für Modeabbildungen jeglicher Art. Nachdem die Sammlung des Urgroßvaters durch einen Wassereinbruch im Haus zerstört wurde, war sie bestrebt, diese zu ersetzen und entwickelte eine geradezu manische Sammelleidenschaft, die bis zu ihrem Tod 1998 anhielt.

Ausschnitt aus der Sammlung der Kostümbibliothek ParishDer Umfang dieser Sammlung, die bis heute weitergeführt wird, ist nur zu erahnen: etwa 20.000 Bücher, viele tausend Grafiken und Handzeichnungen, 35 laufende Abonnements von Modezeitschriften und rund eine Million Abbildungen von Kleidungsstücken, Schuhen, Handtaschen, Frisuren, Unterwäsche, Krawatten, Schmuck und vielem mehr in der sogenannten „Dokumentation“.

Die Villa, die 1901 durch die Gebrüder Rank ursprünglich als Wohnhaus für den Komponisten Friedrich Wilhelm von Schirach gebaut wurde, strahlt durch ihre originalen Jugendstil-Wandvertäfelungen sowie die Einrichtungsgegenstände aus dem Familienerbe eine besondere Atmosphäre aus. Im ehemaligen Musiksalon, in dem noch ein alter Flügel steht, erwachen die Modeabbildungen aus alten Zeiten und fremden Ländern geradezu zu neuem Leben.

20.000 Bücher, tausende Grafiken, 35 Modezeitschriften-Abonnements, 1 Million Mode-Abbildungen.

Mutter und Tochter von Parish hatten die Villa mit ihrem großzügigen Garten um 1930 erworben. Hermines Vater Edmund von Parish war 1916 gestorben und hinterließ den beiden Damen nur wenig vom einstigen Vermögen. Nach einem Jet-Set Leben, das die Eltern bisher geführt hatten – Hermine wurde 1907 auf einer der vielen Reisen ihrer Eltern in Rom geboren – mussten Mutter und Tochter bald selbst für ihren Unterhalt sorgen und begannen in den 1920er Jahren mit der Produktion von Künstlerpuppen. 1947 gründeten sie die „Parish Schule für freie und angewandte Kunst“. Klassen von 15 bis 20 Studentinnen und Studenten wurden durch bedeutende Lehrer der Münchner Kunstakademie geführt. Die Studiengebühr war für damalige Verhältnisse hoch, daher galt sie als Schule für „höhere Töchter“

Blick in den Salon der Kostümbibliothek

Hinter den Mauern der Villa liegen noch viele Schätze verborgen. „Die kuriosesten Funde machen wir momentan im Familienarchiv, das in Hinblick auf eine geplante Publikation über die Geschichte der Sammlung gesichtet wird“, stellt Frau Dr. Sünderhauf fest. „Es gibt Nachlässe verschiedenster Familienmitglieder, wobei wirklich alles aufgehoben wurde – jede Postkarte, jedes Zettelchen, bis hin zur Eintrittskarte vom Spielcasino in Monte-Carlo.“
Die „Parish Schule für freie und angewandte Kunst“ wurde bis 1970 sehr engagiert geleitet. Dann übergab Hermine von Parish das gesamte Kostümarchiv, einschließlich Villa und Garten, an die Stadt München. Sie erhielt dafür eine hohe Leibrente, die sie vollumfänglich in den Weiterausbau ihrer Sammlung steckte. Sie verstarb im Alter von 91 Jahren in München.

Zurzeit wird die Kostümbibliothek renoviert und umgebaut. Nach Abschluss der Arbeiten wird sie sowohl Wissenschaftlern als auch Studenten und Modeschaffenden wieder zugänglich sein. Auch Führungen, etwa für interessierte Nymphenburger, sind nach telefonischer Absprache möglich. Geplant ist zudem die Restaurierung des alten Flügels für Salonabende rund um das Thema Mode.

kostümbibliothek.stadtmuseum@muenchen.de

Ein Beitrag von Claudia Munno, Marketing Duken & v. Wangenheim

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