Dominik Pförringer über die Eigenheiten der Münchner

Ja, wir Münchner sind eigen. Viele sind ja auch gerne eigen. In vielerlei Hinsicht. Wieso sollte es da in Sachen Mobilität anders sein? Seit Jahrzehnten brodelt der Streit zwischen Radlern und Autofahrern, zwischen den Jungdynamikern und den Konservativen. Aus Sicht des Unfallchirurgen rate ich dem Radler zu folgender Überlegung: Während der im Personenkraftwagen cruisende eine oder vielmals mehrere Tonnen Protektion bewegt, besteht die Knautschzone des Radlers aus seiner Halswirbelsäule. In Anbetracht steigender Geschwindigkeiten und allgemein sinkender Rücksichtnahme bei zugleich wachsender Ablenkung durch technisches Spielzeug und lebenswichtige News im weltweiten Netz rate ich allen Beteiligten zum alten Satz: „Wenn du schnell ankommen möchtest, reise langsam.“ Glauben Sie mir, werter Leser, ich weiß, wovon ich spreche.
Nun ist die Dauerfehde zwischen dem Velofahrer und den Motor-Vehikulisten anscheinend noch nicht explosiv genug, weswegen es sich natürlich geradezu anbietet, einen weiteren Kriegsschauplatz aufzumachen: die Fußgänger versus die Moderne – die Müßiggänger versus die motivierten Digitalisten! Wovon ich spreche? Ich freue mich bereits jetzt auf den Elektroroller und seinen Einsatz in den Innenstädten. Was bereits vor der offiziellen Einführung für Unruhe an Spree und Isar sorgt, das verspricht uns noch viel Freude. Friends, Bavarians, Countrymen – wie schon Haindling es sagte: „Seids freundlich miteinander!“ Was schon den Erfinder der Segways das Leben kostete, nämlich das gleichnamige elektrische Zweirad, das gilt es nun in umgebauter Form zu integrieren. Ohne Waffenschein geschweige denn Führerschein zum friedlichen Teilen des Radlweges quasi prädestiniert, mit all den Funktionskleidungs-Freaks und Rennrad-Rambos – das muss einfach ein gutes Ende nehmen, das sieht jedes Kind.
Liebe Münchner, im Biergarten gibt es Bier und keinen Aperol Spritz, auf den Radlweg gehört das Radl und sonst nix. Neben der semantischen gilt hier auch noch die gesundheitliche Parallele. Als Münchner weiß man, dass jeder Tag ohne Bierkonsum ein Gesundheitsrisiko darstellt, als Orthopäde können wir gar nicht oft genug zur täglichen Bewegung raten. Ohne Batterie, ohne Betriebsanleitung – einfach aufsteigen und die schönste Stadt der Welt genießen. Den Turbolader in der Garage und am besten das Telefon auch gleich im Auto lassen, frei nach Elvis: „A little less conversation, a little more action.“ Und auf geht’s in den Biergarten, ohne W-LAN dafür mit einem authentischen Gespräch.
Und wenn wir wirklich mal rasch von A nach B kommen wollen, dann zeigen wir Münchner wieder unsere Nähe und Liebe zu Italien. Gelebte Sprezzatura Bavarese, auf der Vespa durch die Stadt, da fühlt man sich wie in Mailand Brera und lernt mit einem adäquat antiquierten Modell an jeder Ampel neue Menschen kennen – ganz ohne App, ganz real. Werte Leser, damit danke ich Ihnen für Ihre Zeit, wünsche einen gesunden Sommer voller Vorfreude auf das kreative schwarze Offroad-Gefährt im Winter in dem Wissen: „Ein Asket ist ein schwächlicher Charakter, der der Versuchung unterliegt, einem Vergnügen zu entsagen.“ In diesem Sinne: eine gute Fahrt!
Ein Beitrag aus den „Stadtteil News“ – publiziert von Duken & v. Wangenheim