Mein Blind Date mit dem Leben: in ihrer aktuellen Feel-Good-Komödie nach dem autobiografischen Buch von Saliya Kahawatte verfilmt Yoko Higuchi-Zitzmann das Leben eines Mannes, der sich nicht von seiner fortschreitenden Sehbehinderung bremsen lässt. Wir treffen die erfolgreiche Filmproduzentin, die in Bogenhausen lebt, zum Interview.
Frau Higuchi-Zitzmann, Sie leben in Bogenhausen. Würden Sie sich in Bogenhausen blind zurechtfinden?
In meiner Ecke auf jeden Fall! Direkt bei uns ist die Bogenhausener Käsealm, unser Tante-Emma-Laden – den finde ich blind! Früher habe ich in Schwabing gelebt und es geliebt. Jetzt mit Kindern hat sich das gewandelt. Allein schon wegen der Parkplätze! Die Ruhe hier in Bogenhausen finde ich toll, das viele Grün … aber trotzdem ist man sofort in der Innenstadt. Viele unserer Freunde wohnen ebenfalls hier. Es ist so schön, wenn man ständig Freunde trifft und schnell mal einen Kaffee trinken gehen kann. Früher hat man sie im P1 getroffen, heute beim Bäcker. (lacht)
Als Filmproduzentin sind Sie viel in der Medienmetropole Berlin. Kommt für Sie Berlin als Wohnort in Frage?
Ich bin ein offener Mensch. Ich kann mir vorstellen, mit meiner Familie in jeder Großstadt dieser Welt zu leben. Aber wir sind hier in München sehr glücklich. Die Lebensqualität hier ist einmalig: die Nähe zu Bergen und Seen, die Nähe zu Italien etc.

Aktuell läuft Ihr Film „Mein Blinddate mit dem Leben“ in den Kinos: die wahre Geschichte eines jungen Mannes, der erblindet und dennoch seinen Traum von einer Karriere im Luxushotel verwirklicht. Eine sehr bewegende Biografie. Wie ist der Film angelaufen?
Wir haben bereits über 800.000 Zuschauer im deutschsprachigen Raum. Der Film wurde in 37 Länder verkauft, in Russland sogar synchronisiert. Bezüglich USA verhandeln wir aktuell mit dem Verleih. Und bald kann ich den Film sogar mit meinen Eltern in Japan ansehen. Für einen deutschen Film ist das sensationell!
Der Film wurde in München gedreht. Warum nicht in Berlin? Die meisten deutschen Filme werden ja in Berlin gedreht.
Das ist richtig. Denn dort sind die jungen Kreativen, die Schauspieler, Schriftsteller und Regisseure. In München dagegen sind aber unglaublich viele „Macher“: Constantin Film, die Bavaria-Filmstudios, Disney, ProSiebenSat1 (mit denen wir gedreht haben) und viele mehr. München ist eine traditionelle Filmstadt. Für mich ist das hier ein gutes Pflaster. Mit diesen tollen Partnern kann ich meine Filme konzipieren und finanzieren.
Außerdem fand ich es unglaublich schön, München als funkelnde Großstadt zu inszenieren. Oft erkennt man in Filmen den Drehort nicht. Ich habe schon von vielen gehört: Ah, endlich ein Film, in dem München als Stadt eine wichtige Rolle einnimmt! München im allerbesten Licht zu zeigen, das war uns wahnsinnig wichtig. Und das spürt man hoffentlich auch!
Absolut, Ihre Liebe zur Stadt leuchtet in ganz vielen Szene durch! Das coole Restaurant ist aber nicht in München, richtig?
Ja genau! Das haben viele gefragt. Das ist in Berlin. Aus Berlin-Brandenburg haben wir auch Filmförderung bekommen. Also mussten wir ein paar Innenszenen dort drehen. So zum Beispiel auch die Club-Szene. Das ist nämlich das „Felix“ im Adlon – auch in einem Hotel. Das können wir Frau Volkhardt doch mal vorschlagen: ein Club im Bayerischen Hof – das wäre ein Riesen Renner! Für uns Oldies, die wir nicht mehr ins P1 dürfen, ist das perfekt. Wir tanzen ja alle noch so gerne! Da zahlen wir auch 20 Euro für einen Drink …
Das ist eine super Idee! Ein Club fehlt dem Bayerischen Hof tatsächlich noch …
Wie kam Ihnen denn die Idee zum Kinofilm?
Ich habe ein Radio-Interview mit Saliya Kahawatte gehört! Mein Mann sagte gleich zu mir: „Das musst du verfilmen!“ Direkt am nächsten Tag habe ich den Sender angerufen. Saliya war natürlich zuerst ein bisschen zurückhaltend. Er war geschmeichelt, aber skeptisch. Eine Biografie zu verfilmen ist eine ziemliche Vertrauenssache. Wir haben uns aber Stück für Stück angenähert.
Was hielt Herr Kahawatte vom Bayerischen Hof? War dieser Drehort für ihn stimmig?
Ihm war wichtig, dass es ein Grandhotel ist, denn Hotel bedeutet für ihn die große, weite Welt. In meiner Vorstellung stand der Bayerische Hof witzigerweise von Anfang an fest. Er ist inhabergeführt und liegt am prachtvollen Promenadeplatz. In Berlin gibt es durch die Wende nicht viele traditionelle Hotels. Ich habe Saliya also den Bayerischen Hof vorgeschlagen. Wir sind hingegangen, haben uns die Location angesehen – bzw. angehört – und er war begeistert!
Auch mit dem Film ist er sehr glücklich. Das hat uns besonders gefreut. Bei biografischen Verfilmungen wird man der Realität oft nicht gerecht. Oder man wird ihr gerecht, aber niemand will den Film sehen, weil er nicht unterhaltsam genug ist. Ein Spielfilm braucht Humor, einen Spannungsbogen, Lacher und Plotpoints. Wir haben ganz eng mit Saliya zusammengearbeitet. Kostja Ullmen stand von Anfang an für die Hauptrolle fest und es war großartig, wie gut die beiden harmonierten. Sie sind beide sehr charmant, aber gleichzeitig große Kämpfernaturen. Kostja bekam zum Üben trübe Kontaktlinsen, die er teilweise sogar auch beim Dreh getragen hat. So haben wir es geschafft, einen sehr authentischen, guten Spielfilm zu drehen, von dem Saliya sagen kann: Ja. Das ist mein Leben.
Stimmt der Film denn tatsächlich mit seinem Leben überein?
Man muss natürlich dramaturgisch etwas verdichten. Wir haben zum Beispiel aus zwei Liebesgeschichten eine gemacht. Eine Frau hat er im Hotel kennengelernt und mit einer anderen das Restaurant aufgemacht. Aber alles, was im Film im Hotel passiert, ist wahr. Der Afghane, der Sanitäter werden will, der Koch, der Saliya gedeckt hat, alles. Es sind alles echte Charaktere. Deswegen geht einem der Film auch so zu Herzen. Es kam tatsächlich auch erst am Ende seiner Ausbildung heraus, dass Saliya blind ist. Lange im Hotel gearbeitet hat er allerdings nicht. Er hat sich dann sehr bald selbstständig gemacht.
Hatte Herr Kahawatte auch den Nebenjob?
Ja, hatte er – auch die Drogenprobleme und den schwierigen Vater, mit dem er sehr zu kämpfen hatte und dem er beweisen wollte, dass er es schafft. Saliyas Lebensgeschichte ist noch viel, viel härter als der Film …
Hat Sie der französische Erfolgsfilm „Ziemlich beste Freunde“ inspiriert?
Großartig, ja! In Frankreich war es bis dahin wie in Deutschland: entweder produziert man lustige, kommerzielle Filme oder ernstes Arthouse-Kino. Das Schöne an beiden Filmen ist die Leichtigkeit, mit der solch ernste Themen behandelt werden. Der Humor ist nicht von Dialogen abhängig. Denken Sie an die Szene mit der Lady im Hotelzimmer!
Die Story wiederum ist eigentlich sehr amerikanisch: Wir alle sollen im Leben kämpfen! Diesen Film zu produzieren war für mich selbst auch ein unglaublicher Kampf. Es war ja kein Bestseller. Ich hatte lediglich die Idee – keine Schauspieler, kein Drehbuch, keinen Regisseur. Aber immer mehr Leute, die an mich und dieses Projekt geglaubt haben. Und so wurde es immer größer. Es freut mich, wenn ich mit diesem Film inspirieren kann – gerade junge Leute!
Die Amerikaner wollen das Drehbuch haben und ein Remake produzieren. Sie sehen die Qualität des Films, wollen damit aber auch Geld verdienen.
Und dazu muss die Story „amerikanisiert“ werden?
Ich glaube, dass gar nicht soviel geändert werden muss. Die Geschichte ist sehr universell und lässt sich gut adaptieren. Sie passt wunderbar zum „American Dream“. Eine Idee wäre zum Beispiel, dass Saliya der Sohn einer schwarzen Cleaning Lady eines luxuriösen New Yorker Hotels ist. Aufgewachsen in der Bronx erhascht er als Kind einen Einblick in diese glamouröse Welt und daraus erwächst sein Traum …
Ich bin bereits im Gespräch mit einem sehr erfolgreichen, amerikanischen Regisseur. Er sagt, die Höhen müssen höher und die Tiefen tiefer sein. Die Story muss dramatischer werden. Interessant. Aber er ist Vollprofi und wird wissen was er tut. Ich bin sehr gespannt!
Das sind wir auch! Frau Higuchi-Zitzmann, vielen herzlichen Dank für das offene und inspirierende Gespräch.
Wir wünschen Ihnen viel Erfolg und alles, alles Gute.
Ein Beitrag von Verena Schindler, Marketing Duken & v. Wangenheim